Hubtones im Guntersblumer Museumskeller

Doppelter Neubeginn für den Jazzclub Rheinhessen: Die Vereinsführung hat gewechselt und die neue Konzertsaison begonnen. Neben dem traditionellen Weihnachtskonzert am 4. Dezember mit „All-That-Jazz“ in der evangelischen Kirche Spiesheim gibt es am 22. Oktober ein Konzert mit der AZ-Bigband in der Neubornhalle Wörrstadt. Für die alljährliche Barrelhouse Jazzgala am 13. Oktober konnte mit dem Kultur- und Kongresszentrum Ingelheim ein der Eckes Halle Nieder Olm ebenbürtiger Veranstaltungsort gefunden werden.

Nach der Eröffnung am 3. September in der Kulturscheune Partenheim mit den „New Orleans Dixielanders“ fand am 23. September ein Konzert mit dem „Heiko Hubmann Quartett“ im Guntersblumer Kulturkeller statt. Die Corona Herbstwelle hat noch nicht begonnen und man hofft, dass die geplanten Veranstaltungen barrierefrei stattfinden können. Dass das Publikum eher zögerlich zurückkommt spüren Veranstalter wie Musiker, die immerhin froh sind, wieder Musik machen zu dürfen.

Zuletzt stand Trompeter Heiko Hubmann mit dem Buddy Bolden Projekt des Chronisten Günter Minas und einer Hommage an die Anfänge des Jazz in New Orleans auf der Guntersblumer Kleinkunstbühne. Diesmal sind neben der stimmungsvollen Eigenkomposition „Walzer für Rita“ die wegweisenden Jazztrompeter seit der Bigband Ära auf dem Programm. Mit der Matt Dennis Komposition „Will you still be mine?“ geht es zurück zu den Tagen des Tommy Dorsey Tanzorchesters und seinen rauschenden Ballnächten. Mit treibenden Shuffle Rhythmen und Ride Becken gibt Drummer Johannes Lütgen den Beat vor, gefolgt vom stoischen Walking Bass Florian Werthers. Nach prächtig herausgearbeitetem Thema und boppigem Aufgalopp geht es über einen Drumbreak Lütgens zum stilvollen Gitarrensolo Erik Jünges.

Die Hubtones um Heiko Hubmann spielen zum ersten Mal seit Corona in dieser neuen Besetzung mit Erik Jünge, der den natürlichen Klang seiner E-Gitarre dem WahWah Sound des funky dargebotenen Sir Duke von Stevie Wonder bevorzugt. Dies ist denn auch der einzige Song in rockiger Popmanier, der zwar etwas den Rahmen sprengt, aber gegen Ende zusätzlichen Spaß bringt. Ansonsten bleibt das Quartett beim Bebop und Hardpop mit Ausflügen zum Cool- und Souljazz. Jimmy van Heusens Ballade „Here´s that rainy Day“ kommt als cooler Bossa Nova mit tiefenentspanntem Flügelhorn Spiel daher. Hier bedeuten weniger Töne einen Zugewinn, auch wenn Gitarrist Jünge es mit seinem countryesken  Gitarrentwang etwas übertreibt, die Sonne hinter den Saiten hervorzulocken.

Vielleicht das furioseste Stück des Abends ist das mit zahlreichen Akkord- und Rhythmuswechseln gespickte „Tiny Capers“ von Clifford Brown, dem großen Stilisten auf der Trompete. Sein früher Unfalltod mit 25 Jahren verhinderte eine größere Popularität. Doch die Maßstäbe, die er im Bebop gesetzt hat, macht sich auch Heiko Hubmann zu Eigen: Lupenreiner Ton, leicht perkussiver Ansatz, geschmeidige Artikulation und rhythmische Robustheit. Hubmann spielt seine Themen stets präzise vom Blatt und sie sind auch jederzeit wiederzuerkennen. Darüber hinaus lässt er seiner Fantasie freien Lauf, geht aber eher selten in die Spitzen und Extreme und bleibt dabei melodisch eng bei der Essenz der Stücke.

Im Soulgroove von „Little Sunflower“ hat Freddie Hubbard das freie modale Spiel ohne Akkordwechsel zelebriert, das Heiko Hubmann mit druckvoll überdrehtem Spiel und Erik Jünge mit immer ekstatischer werdendem arabesken Gitarrensolo beantwortet. Vor der Pause darf auch Dizzy Gillespie nicht fehlen, der zusammen mit Charlie Parker den Bebop geprägt hat. Das afrokubanische „Manteca“ (was so viel heißt wie Marihuana oder Geld) beeindruckt vor Allem durch seine rollenden Drums und seine verschmitzt raffinierten Trompetenstöße.

Wes Montgomery hat als Gitarrist Musikgeschichte geschrieben. Seinen bluesgetränkten „Road Song“ kann man auch dem Souljazz zuordnen. Die scheinbare Wehmut im entspannten Spiel Hubmanns und ein starkes Rhythm And Blues Rhythmusfundament sind Glanzpunkte des Stückes. Sigmund Rombergs Broadway Operette „New Moon“ hat mit „Lover come back to me“ wenigstens einen veritablen Hit abgeworfen. Der wurde denn auch hundertfach von Größen des Jazz wie Clark Terry, Stan Getz, Dexter Gorden oder Billie Holiday auf interpretiert. Die textlichen Untiefen dieses Liebeslieds finden im Trompetenspiel Hubmanns wie auch im sehnsuchtsvollen Gitarrensolo Jünges ihren Widerhall.

Die eher weichen Töne des Flügelhorns sind besser zum Frauen betören geeignet als spitze Trompetentöne. Hubmanns „Walzer für Rita“ ist mal hot mal soft und bleibt dabei stets hochmelodisch, als wolle er auf die Geliebte einreden oder mit seinem Spiel in den Bann ziehen. Hoffentlich wird er dafür nicht von seiner Frau erschossen, wie Lee Morgan, dessen „Sidewinder“ eine musikalische Schlangenbeschwörung mit tanzbaren Rhythmen und einem blusesigen Gitarrensolo darstellt. Ray Nobles und Charlie Parkers an Gipsy Swing erinnerndes „Cherokee“ rundet als Zugabe den Abend ab.

Seit der letzten Mitgliederversammlung des Jazz Clubs Rheinhessen gibt es einen neuen Vorstand und Vorsitzenden. Mit Rainer Ackermann aus Mettenheim hat zum ersten Mal ein Musiker den Vorsitz übernommen. Der bisherige Vorsitzende Karlheinz Belzer aus Guntersblum bleibt dem Verein mit Konzerten im Guntersblumer Rathaus oder Museumskeller erhalten. Im Februar 2023 kommt das Christoph Sänger Trio nach Guntersblum und im April 2023 gibt es ein Wiedersehen mit dem Lindy Huppertsberg Trio.