Jazz im Museum Guntersblum ist eine Erfolgsgeschichte der besonderen Art. In Zusammenarbeit mit dem Jazzclub Rheinhessen finden regelmäßig hochkarätige Konzerte im Kulturkeller statt, die sich großer Beliebtheit erfreuen und stets ausverkauft sind. Das Glenn Miller Tribute Konzert des Sebastian Laverny Quartetts macht da keine Ausnahme. Der frühe Tod des Jazz Posaunisten, seine makellose Erscheinung, der unbändige Swing seiner Bigband und die stets tanzbaren Ohrwürmer sind Teil der Legende. So hatte es Sebastian Laverny, der diesmal mit Quartett auftrat, nicht sonderlich schwer, den Menschen hinter dem Musiker sichtbar zu machen.
Am Anfang des stimmungsvollen Konzertes steht die „Moonlight Serenade“ in Kurzform, die einst als Erkennungsmelodie Opener eines jeden Glenn Miller Konzertes war. Soviel Eitelkeit muss sein. Die Serenade ist schließlich der einzige Hit, den Miller selbst komponiert hat. Alle anderen Ohrwürmer waren Kompositionsaufträge oder wurden so nebenbei von seinen Musikern verfasst. Sebastian Laverny, im Hauptjob Chordirektor und Kapellmeister am Mainzer Staatstheater, hat die Big Band Arrangements für sein Quartett so bearbeitet, dass der Charakter der Stücke und ihr Wiedererkennungswert erhalten blieb, und wie einst mit Bigband erstrahlte. Mit 4 Jahren begann Sebastian Laverny als Musikersohn sein Klavierstudium. Mit 14 gründete er seine erste an Manhatten Transfer angelehnte Band. Mit 18 kannte man ihn jeder in der Berliner Jazz-Szene. CD-Einspielungen und Hörfunk-Aufnahmen dokumentieren sein Schaffen. Seit 2009 ist er mit verschiedenen Programmen unterwegs.
Mit dem Mainzer Sebastian Weinig am Kontrabass und dem Binger Drummer Alex Jung steht Laverny eine mit allen Wassern gewaschene Rhythmusgruppe zur Verfügung. Größter Aktivposten indes ist Saxofonist Axel Schmitt, der das gesamte Blech samt Klarinette Glenn Millers in souveränem Spiel verband. „My blue heaven“, eine Gregor Whitting und Walter Donaldson Komposition swingt denn auch mit Walking Bass und dem Drive des Ride Beckens in bester Bigband Manier. Weil Miller mit seiner ersten recht chaotischen Band Schiffbruch erlitt, gab es von nun an feste Regeln, aber auch ein geregeltes Einkommen mit Absicherung der Familien. Musikalität, regelmäßiges Proben, Disziplin und korrekte Kleidung waren Eitrittsvoraussetzung in eine verschworene Gemeinschaft. Tuxedo Junction von 1942 mit charakteristischem Grundakkord war jedoch schon eine Militärballade für die Army Auftritte in Europa, die auf Millers antifaschistisches Engagement zurückgehen. Nicht nur sein früher Tod hat den Jazz-Posaunisten und -Komponisten zur Legende erhoben, auch die Perfektion der Arrangements und der unbändige Swing, mit dem seine Big-Band jedes Bein zum Tanzen brachte. Glenn Miller zählt zu den unsterblichen Jazz-Größen der goldenen Swing-Ära. Er wurde 1904 in Iowa, geboren, spielte im dortigen Musikverein. Nach Abschluss der High-School 1921 entschloss sich Miller Berufsmusiker zu werden. Nach dem Studium trat er 1926 der „Ben Pollack Band“ bei, in der er mit Benny Goodman spielte. Von 1929 bis 1937 spielte er als Posaunist bei Red Nichols, Benny Goodman, Ray Nobles American Band und den Dorsey Brothers.
Dass Laverny auch seine zuckersüßen Balladen singen kann, beweist er in „A Nightingale sang in Barclay Square“. Glenn Miller arbeitete gerne mit Croonern wie Bing Crosby und Sängerinnen wie Kay Starr und den Andrews Sisters zusammen. Im thematisch prägnanten „Jersey Bounce“ hat Bastian Weinig einen denkwürdigen Auftritt mit einem flott gestrichenen Bass-Solo. In der „Sunrise Serenade“ muss Saxofonist Axel Schmitt 4 Saxofone und noch dazu Millers Klarinette ersetzen. Sozusagen als Rap mit Publikumsansage ertönt der straight voranpreschende Boogie-Woogie „Beat me Daddy (Eight to the Bar)“ mit starker Rhythmussektion, während der „Tiger Rag“, einst Glenn Millers Rausschmeißer, das allererste Dixieland Jazzstück war, das je auf einer Schellackplatte veröffentlicht wurde. Für Miller musste die Band Persönlichkeit besitzen. Dafür sorgten die Ohrwürmer von Jerry Gray, der die meisten Hits fürs Orchester schrieb. Ab 1938 vergab Miller weitere Arrangements an 2 wichtige Arrangeure: Dem der Trunksucht nicht abgeneigten Billy May (I got Rhythm) und dem zweiten Hauptarrangeur Bill Finnigan (Chattanooga ChooChoo & Stardust als sensible Ballade!). Ein Ausflug in die Filmmusik mit der von Laverny gesungenen Ballade „At last“ aus dem Film „Orchestra Wives“ und das ebenfalls von Laverny anmutig gesungene „On a little Street in Singapore“ trafen den romantischen Nerv des Publikums. Mit Pennsylvania 6-5000 und dem von Jerry Gray arrangierten Zigeunerchor aus Verdis „Troubadour“ ging es in die Zugabe.
Glenn Miller spielte und machte Aufnahmen mit unterschiedlichen Bands und Bigband Besetzungen, bis er 1938 „Every Day’s Holiday“ in den Charts platzieren konnte. Jetzt bekam er einen Dreimonatsvertrag im Casino auf Long Island. Aus dem Casino wurden regelmäßig Radioübertragungen gesendet, die Millers „Sound“, in dem die Klarinette den Saxophonsatz anführte, bekannt machten. Miller wurde Ende 1939 zum Jubiläumskonzert der ASCAP in die New Yorker Carnegie Hall eingeladen. Dort wurden Musikstücke wie Moonlight Serenade, Little Brown Jug und In the Mood gespielt. Die Eigenkomposition „Moonlight Serenade“ wurde Millers dritter Nummer-1-Hit. Seine Urheberschaft von Moonlight Serenade und In the Mood sind allgemein bekannt; dass die Glenn Miller Band ein breites Spektrum an Instrumental- und Gesangsmelodien formte und auch klassische Akzente setzte, weniger. Die Klassiker Pennsylvania 6-5000 und Tuxedo Junction wurden im gleichen, Chattanooga Choo Choo und String of Pearls im Jahr 1941 veröffentlicht. Glenn Miller komponierte außer Moonlight Serenade keinen seiner Hits selbst; einer seiner größten Erfolge, In the Mood, stammt von dem Komponisten Joe Garland. Glenn Miller gewann Februar 1942 die erste Goldene Schallplatte der Musikgeschichte für das Lied Chattanooga Choo Choo.
In der Zwischenzeit waren die USA in den Zweiten Weltkrieg eingetreten. Miller trat 1942 der US Navy und später den Luftstreitkräften bei. Miller war während der deutschen V2-Raketenangriffe bei Live-Übertragungen der BBC in London, genannt „Wehrmacht Hour“, mit Ansagerin Ilse Weinberger. Nachdem Paris durch die Alliierten befreit war, sollte im Dezember 1944 das „Army Air Force Orchestra“ im Olympia auftreten. Glenn Miller starb beim Absturz seiner Militärmaschine auf dem Flug nach Paris. Der posthum gedrehte Film „Glenn Miller Story“, der sich ansonsten manche Freiheiten mit der biographischen Wirklichkeit erlaubt, hält sich an die offizielle Todesursache, den undokumentierten Flugzeugabsturz.