Jazz-Soiree im Wormser Heylshof

Einzeln hervorragend, als Trio mitreißend: Christof Sänger (links), Lindy Huppertsberg und Tobias Schirmer sind „Classic Affairs“. (Foto: Ludwig Lang)

WORMS – Vor einer Woche hätte der Abschlusstag von „Jazz & Joy“ sein sollen. Das Festival fiel – wie so viele Veranstaltungen – der Corona-Pandemie zum Opfer. Dennoch mussten die Wormser Jazzliebhaber nicht ganz auf erstklassigen Jazz verzichten, denn im Rahmen der „Soireen im Heylshof“ war am Sonntagabend das Trio „Classic Affairs“ mit Kontrabassistin Lindy Huppertsberg, Pianist Christof Sänger und Schlagzeuger Tobias Schirmer im Park des Heylshofes zu Gast.

Huppertsberg, Gründerin des Trios, spielt seit vielen Jahren in der Barrelhouse Jazzband, spielt den Bass aber auch in einigen anderen prominenten Ensembles. Den Namen „Lady Bass“ hat der gebürtigen Frankenthalerin ihr Vorbild und Lehrer Ray Brown verliehen. Nicht weniger vielseitig und erfolgreich ist Pianist Christof Sänger, der schon mit vielen hochkarätigen Musikern zusammengearbeitet hat und Dozent für Jazzpiano an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main ist. Drummer Tobias Schirmer schließlich hat ebenfalls ein eindrucksvolles Portfolio vorzuweisen. Sein fantasievolles Spiel hat ihn schon mit einigen Jazz-Größen zusammengebracht. Wie grandios die drei ihre Instrumente beherrschen, wie mitreißend sie als Trio agieren, hätten die gut 125 Zuhörer beinahe nicht erleben können, denn bis zur letzten Minute war es fraglich, ob das Konzert im Park wegen der Wetterlage überhaupt stattfinden würde.

Doch der Förderkreis Heylshof, der die Reihe seit Anfang August mit großem Erfolg und nicht weniger großem Einsatz organisiert, die Musiker, die seit sieben Monaten coronabedingt keinen einzigen öffentlichen Auftritt hatten, und nicht zuletzt die Jazz-Fans waren entschlossen, die Veranstaltung nicht ins Wasser fallen zu lassen. Das Musiker-Trio, das der Jazzclub Rheinhessen eingeladen hatte, zog um unter das schützende Blätterdach des großen Tulpenbaums, und die Besucher spannten ihre Regenschirme auf. Nachdem Kulturkoordinator David Maier die Band begrüßt und vorgestellt hatte und die ersten Takte von Oscar Petersons „You look good to me“ erklungen waren, hörte der Regen auf, und alle konnten die Musik über eine Stunde lang ungestört genießen.

Die Spezialität von „Classic Affairs“ ist, dass sie klassische Stücke nicht durchgängig verjazzen, sondern die beiden scheinbar so verschiedenen Welten, Klassik und Jazz, auf Augenhöhe zusammenführen, indem sie Gemeinsamkeiten aufspüren und spielerisch ausformulieren. Chopins Walzer in As-Dur erklang zunächst ebenso vertraut wie Schumanns „Von fremden Ländern und Menschen“, ehe das Trio sich lustvoll variierend damit auseinandersetzte. Mit sprühenden Ideen steigerte danach „Papagenos sleepless nights“, eine Komposition von Christof Sänger, den Mozart’schen Witz. Nicht weniger gelungen war die Konfrontation von Chopins Prelude e-moll mit Antônio Carlos Jobims „How insensitive“. Bei der mitreißenden Interpretation des Evergreens „Bésame mucho“ von Consuelo Velázquez zuckte es wohl manchem in den Beinen, erst recht bei der spritzigen Melange von Mozarts Rondo „Alla Turca“ mit Zequinha de Abreus „Tico, Tico“. Nach einem frenetischem Schlussapplaus bedankt sich Lindy Huppertsberg herzlich beim Förderkreis Heylshof und beim Jazzclub Rheinhessen für die Einladung in dieser so schwierigen Zeit. Als Zugabe erhielt das Publikum Ray Browns schwungvolles „Lined with a Groove“.