Jazz-Matinee mit dem Isabelle Bodenseh Quartett in Partenheim

Es gibt magische Orte die ideal erscheinen für kleine aber feine Konzerte. Die Kulturscheune in Partenheim ist solch ein Kleinod. Die Jazz-Matinee des Jazzclubs Rheinhessens zusammen mit dem Kulturforum Partenheim findet bei strahlendem Wetter mit dem Isabelle Bodenseh Quartett auf dem vollbesetzten ehemaligen Heuboden des rheinhessischen Weindorfes statt. Seit über 3 Jahrzehnten steht die Flötendozentin auf der Bühne und hat neben ihrer Lehrtätigkeit an der Musikhochschule Frankfurt in zahlreichen Ensembles zwischen Jazz (Verquer, Mothers of Jazz), Pop (Wonderfrolleins) und Klassik (Chantal, La Serena) mitgewirkt. Neben dem langjährigen Duo mit Lorenzo Petrocca ist das Isabelle Bodenseh Quartett wohl ihr Herzensprojekt, das leider nur selten spielt, weil die Musiker, die längst eigene Projekte betreiben, in Baden-Württemberg leben.

Die Musik des Quartetts schlägt einen Bogen vom Swing und Modern Jazz über lateinamerikanische Rhythmen und karibisches Flair hin zum energiegeladenen Rhythm & Blues und Funk. Sozusagen Auge in Auge und Ton um Ton ist Gitarrist Lorenzo Petracca aus Stuttgart Bodensehs Sparringspartner mit dem sie im Wechsel improvisiert oder in Themen und Unisonopassagen ihrer Eigenkompositionen und denen der Band brilliert. An der den Sound prägenden Hammond B3 Orgel sitzt Thomas Bauser aus Freiburg, der gleichzeitig die Bassläufe auf den Fußpedalen beisteuert. Immer in Bewegung ist der Tübinger Lars Binder an den Drums, der mit entspannten Swing- und Shuffle Rhythmen, mit treibendem Off-Beat und variantenreichen funky Grooves den Takt angibt. Wie ein bunter Paradiesvogel, klein und zierlich, aber voller Energie, erscheint die Halbfranzösin Isabelle Bodenseh mit drei Flöten auf der Bühne. Die Altflöte hebt sie sich für den stilvollen leisen Ausklang des Konzertes auf. Querflöte und die mächtige Bassflöte spielt sie im Wechsel der Stücke und Stimmungen.

Schon mit der Eröffnung „Con-Fluting“ aus ihrer aktuellen CD „Flowing Mind“ gibt sie zusammen mit der Band ein gehöriges Tempo vor. Das Stück ist bestens geeignet zur Vorstellung der Musiker und ihrer Instrumente, die sich im Wettstreit miteinander abwechseln und so verschiedenartigste Klangfarben hervorbringen. Petroccas Single Notes auf der Gitarre erinnern nicht von ungefähr an Joe Pass oder Wes Montgomery, aus deren eleganten manchmal fast beiläufigen Melodien Petrocca Inspiration zu schöpfen weiß.

Thomas Bauers Orgel kann nicht nur fauchen wie ein Löwe, sondern auch schnurren wie ein kleines Kätzchen. Bei seinen Solis geht die sprichwörtliche Post ab, während er sich als Begleiter gern zurücknimmt und oft nur mit knappen rhythmischen Akkorden die Harmonik unterfüttert. Einfühlsam geht Lars Binder auf die Musiker und ihre Stimmungen ein, drosselt oder intensiviert die Aktivität und setzt auch schon mal sanfte Tupfer als Akzente.

Zum Warmwerden folgt sogleich die Samba „It´s a Piece of Cake“ deren nervösem Rhythmus Petrocca filigrane Melodielinien auf der Gitarre entgegensetzt. Der rasant heitere Flötenton Bodensehs verbreitet allgemein gute Laune in der Scheune. Der Titelsong der neuen CD „Flowing Mind“ ist in melancholischer Stimmung bei einer Autofahrt während des Lockdowns entstanden. Die sanglich anmutende Bossa Nova Ballade ist ein Stück zum Zurücklehnen, Träumen und gedanklich in die Ferne zu schweifen. Dabei lässt Isabelle Bodenseh die langgezogenen Flötentöne wie eine leichte Sommerbrise erklingen.

In Pat Martinos „One for Rose“ gibt Gitarrist Petrocca den Ton an. Sein Lieblingsgitarrist ist nicht nur ein ausgesprochener Virtuose, sondern auch ein Stilist, der die Gitarre für sich und andere neu erfunden hat. Kein Wunder, dass so viele Jazzgitarristen Martino nacheifern. Atemberaubend wie Petrocco hier Single Notes mit gewagten Akkordprogressionen verbindet.

Dass Schlagzeuger komponieren, kommt zwar recht selten vor, doch Drummer Lars Binder macht sich mit seiner abschüssigen Heckenrose („Dog Rose“) viele Freunde. Das abschüssige Orgelriff wird sogleich zum Thema und Erkennungszeichen. Mit ziemlich rockigen Rhythmen ist es auch das einzige Stück des Abends, dem man das Etikett Jazzrock anheften könnte. Mit Flatterzunge und Überblasungen lässt die Flötistin hier das Obertonspektrum und Effektpotential ihres Flötenspiels erklingen.

Bevor es in die Pause geht verlost Isabelle eine CD und macht Werbung für die Inklusionsarbeit. Ihre erwachsene behinderte Tochter ist gerade in eine eigene Wohnung in Assistenz gezogen. Möglich machte das die „Polygrom Genossenschaft“, die in Ingelheim Menschen mit Behinderung betreutes Wohnen ermöglicht.

Mit knappen Themen und zahlreichen Breaks geht das funky groovende „Chilli Challi“ des Hammond Hexers Thomas Bauser an den Start, soulige Gitarrelicks inklusive. Hierbei hätte das Publikum mühelos ein Tänzchen wagen können. Herbie Manns expressive Soundeffekte auf der Flöte lassen ebenfalls grüßen. Natürlich denkt man bei der Flöte im Jazz auch an Herbie Mann, wobei sich Bodensehs Spiel sonst eher dem klassischen Ideal annähert als etwa der expressiveren fast schon dreckigen Tongebung Herbie Manns oder Ian Andersons nachzueifern. Allenfalls die sandig verrauschte Tongebung Jeremy Steigs findet bei Isabelle Bodenseh Anklang. Nur selten geraten deshalb ihre Überblasungen rau oder schrill wie etwa in ihrer wild abenteuerlichen Bebop Eigenkomposition „Molecular Cooking“.

Fast kammermusikalisch kommt eine stille Ballade des Oboisten ihrer Klassikformation „La Serena“ daher. Die nahezu sakrale Stimmung des Werkes ist geprägt vom Fingerspiel auf den Trommeln und langen Orgelpassagen bevor es ins Finale geht. Das polyrhythmische „A.S.A.P.“ (As soon as possible) ist ein kraftvolles Feature Stück für die Flöte, bei dem Bodenseh noch einmal alle Register ziehen kann, bevor der entspannte sommerliche Jazzfrühschoppen mit dem leisen Jazzwalzer „A bien tot“ stilvoll ausklingt.