An einem leider recht kühlen Dienstag trafen sich über hundert Jazz- und Weinfreunde zur vierten 1.Mai-Wanderung des Jazzclub Rheinhessen, die nach 2015 zum zweiten Mal zusammen mit dem Weingut Belzer in Guntersblum veranstaltet wurde, das inzwischen von Karsten Belzer, dem Sohn des Jazzclub-Vorsitzenden Karlheinz Belzer geführt wird.
Als die ersten Wanderer nach etwa einer Dreiviertelstunde die steinerne Weinbergshütte “Leckbart-Heisje“ erreichten, wurden sie bereits mit jazzigen Klängen von “Zech’s Washboard Company“ empfangen. Das aus dem Raum Frankfurt angereiste Quintett war unterdessen per Transport im Traktor-gezogenem Weinbergswagen vorausgefahren worden. Der Name „Leckbart“ bedeutet Feinschmecker und weist auf die vor der großen Flurbereinigung dort befindliche Weinbergslage hin.
Clubmitglied Dieter „Zech“ Nentwig aus Erlensee bei Hanau, der als Promotor der Barrelhouse Jazzband bereits über mehrere Jahrzehnte eng mit dem Jazzclub Rheinhessen verbunden ist, hatte erstmals seine eigene traditionelle Band mitgebracht. In der nicht alltäglichen Besetzung wirkte neben Oliver Zimmer (Trompete), Sven Hack (Tenor-Saxofon und Klarinette), Thomas Schilling (Kontrabass), Henrik Dahn (Banjo) der Leader Dieter Nentwig mit Waschbrett und diversen Töpfen und Topfdeckeln als Rhythmusmotor. Während Dieter Nentwig in Gershwins “Lady Be Good“ seinen “Wachbrettzauber“ voll zur Geltung bringen konnte, glänzten auch Trompeter Oliver Zimmer in “Mood Indigo“, Saxofonist Sven Hack in “Summertime“ oder Henrik Dahn am Banjo in “I Got Rhythm“ mit tollen Soli. Trotz der kühlen Witterung spielten die Musiker derart begeistert, bis der Arzt gerufen werden musste („give me Dr.Jazz“ – gesungen von Nentwig) und hatten so viel Spaß dabei, als hätten sie soeben den Jazz erfunden. Für Erheiterung sorgte allerdings der Banjo-Spieler, als er sich öfter seine klammen Finger an den von der Sonne erwärmten Steinen der Hütte auftaute.
Nachdem die Gäste eine knappe Stunde mit der Verkostung von Weinen des Weinguts Belzer und leckeren Wingertsknorzen an der Hütte verweilten, ging es wieder bergab zurück zum Belzer’schen Weingut, wo bereits das Mittagessen vorbereitet wurde. Drei Gerichte standen zu Auswahl: Lachs-Spinat-Rolle gefüllt mit Kräuterfrischkäse (kalt), Baguette und Butter – ein großer Salatteller mit gefüllten Champignons (warm) mit Essig-Öl- oder Joghurt-Dressing nach Wahl – sowie gefüllte Hähnchenbrust (mit Gemüse, Frischkäse), Rahmsoße, Spätzle und Beilagensalat. Viele tatkräftige Hände der Familie Belzer halfen dabei für eine reibungslose Verköstigung der Gäste. Besonders begehrt waren die Plätze in der Sonne, die nun doch etwas für Erwärmung sorgte.
Dieter Nentwig sorgte mit seinem deutschen Text im alten Fats-Waller-Hit „Ich setz’ mich jetzt mal hin und schreibe mir ne e-mail“ für Erheiterung. In zwei weiteren Sets zeichnete sich nun die Band durch Kollektivimprovisation und Variantenreichtum aus, wobei jeder Spieler seine eigenen Interpretationen in den vielfachen Soli präsentierte und auch fetzige Gesangsnummern nicht fehlten.
Abschließend kann festgestellt werden, dass die Maiwanderung mit Rahmenprogramm bei Gästen und Veranstalter viel Zuspruch gefunden hat.
Ludwig Lang