Les Haricots Rouges 2017

Haricots-Rouges_2017

WÖRRSTADT. Vor zwei Jahrzehnten kam es schon mal vor, dass ein zerbrochener (wenn auch zuvor präparierter) Kontrabass auf der Bühne zurückblieb, nachdem die sechs Musiker von „Les Haricots Rouges“ zuvor gemeinsam seine Saiten malträtiert hatten. Jetzt beim Konzert der französischen Jazz und Cabaret-Truppe in Wörrstadt bleibt das schwarze Instrument von Bernard Brimeur (der den erkrankten „Mumu“ Houget glänzend vertritt) unversehrt. Dafür bearbeiteten die sechs Spaß-Jazzer das Drum-Set des Schlagzeugers auf Teufel komm raus, nachdem Michel Sénamaud zunächst vergeblich sein Solo angemahnt hatte. So unliebsam unterbrochen, setzt er schließlich sein Spiel mit feinen polyrhythmischen Verschachtelungen fort. Ein Beleg für die technische Virtuosität, mit der die 1963 gegründeten „Roten Bohnen“ ihre Mischung aus New-Orleans-Jazz, Blues und Boogie, kreolischer Musik, Swing und Chanson immer wieder aufleben lassen.

Man sollte glauben, dass die Gags aufgebraucht seien, es dem Pianisten und Trompeter Pierre Jean, dem Posaunisten Christophe Deret, dem Banjo-Spieler „Roro“ Congréga und Jacques Montrebrunot mit Klarinette sowie den Partnern schwer fallen würde, ihre Parodien mit Ausgelassenheit zu präsentieren.

Doch die Spielfreude der Band scheint ungebrochen. Die witzigen Einlagen wirken immer noch – selbst wenn der Fan weiß, dass Deret zum Halb-Striptease die Musiker „erstarren“ lässt, dass Congréga mit dem Banjo zu einer hübschen Dame ins Publikum hinuntersteigt und über dem Kopf spielt, dass die Musiker bei spanisch-kreolischen Rhythmen einen Stierkampf imitieren. Die Künstler bewegen sich mit bewundernswerter Lässigkeit auf der Bühne. Die Choreografie ist erprobt und die instrumentale Kunstfertigkeit erlaubt den Franzosen einen ständigen Wechsel der Stile sowie deren parodistische Überhöhung.

Das amüsierte Publikum in der Wörrstädter Neubornhalle reagiert begeistert, wenn Les Haricots Rouges beim Glenn Miller Evergreen „In The Mood“ eine kunstvoll-pantomimische Passage einlegen. Mit balladesker Sanftheit bläst der Klarinettist sein dunkel gefärbtes Mezz Mezzrow-Solo im Trio mit Bass und Banjo. Ein Glanzstück parodistischer Überspitzung ist die Interpretation des Millionsellers „Caravan“ mit seiner exotischen Klangfärbung und dem ausgefallenen Metrum. „Der Funke springt über“ stellt Congréga zu Recht fest.

Gleiches gilt für das multiinstrumentale Chaos „Petite Fleur“ oder für die gestaffelte Lachorgie im Up-Tempo mit Sénamaud am Waschbrett. Im Übrigen gibt es ein Wiederhören mit „Dominique“, „Caldonia“, „Mama Ines“, dem „Saint Louis Blues“, „Black Bottom“ oder „Chez Lauretta“.

Ihrem Motto „Jazz et Cabaret“ bleiben Les Haricots Rouges konsequent treu. Jeder stellt sich selbst als der Genius der Band vor, die mit einer akrobatischen Pyramide einen letzten Höhepunkt setzt. So zollen die Jazzer aus Frankreich den Großen des Jazz respektlos ihren Respekt. So wie sie bereits ihren Namen von der Lieblingsspeise Louis Armstrongs abgeleitet hatten.

Klaus Mümpfer